Pfingstgesellschaft

 

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.: Der Brinniser Bierkrieg :. 

 Über die Wurzeln einer Tradition zu Pfingsten

Pfingstwagen

Jedes Jahr zu Pfingsten pflanzen junge Männer in Brinnis auf dem Dorfplatz eine Birke auf. Am Pfingstsonntag sieht man sie dann wieder - die  Pfingstburschen - in Frack, Zylinder, weißen  Hosen und schwarzen Stiefeln, auf einem mit Birken geschmückten und von vier Pferden gezogenen Wagen. Mit Musik und Gesang ziehen sie über die Dörfer, um eine alte Tradition zu pflegen: Das Brinniser Pfingstbier.

Diese Tradition gründet auf einer Begebenheit, die sich im Jahre 1629, also mitten im External Link Dreißigjährigen Krieg, ereignete. Doch zur Vorgeschichte: Schon im Jahre 1470 wurde den Bürgern der nahegelegenen Stadt Delitzsch vom den Gebrüdern External Link Kurfürst Ernst und External Link Herzog Albrecht Landgrafen in Thüringen und Markgrafen zu Meißen, das Privileg einer Biermeile verliehen:

"...das  kein Kretzschmar (Gastwirt  d.A.) in den Pflegen Landsberg und Delitzsch fremde Biere bei sich bringen und schenken, sondern sich das zu Delitzsch in der Stadt und nirgends sonst erholen solle."

Dieses Bier, das die damaligen Delitzscher Brauer herstellten, war einer der Haupterwerbszweige der Delitzscher Bürger. Eigenartigerweise  nannte  der  Volksmund dieses Bier mit dem etwas anrüchigen Namen Delitzscher Kuhschwanz, mit  dessen Bekömmlichkeit aber anscheinend nicht viel Staat zu machen war. Die Chroniken verzeichneten häufig, daß die Bewohner der innerhalb der Biermeile gelegenen Ortschaften des öfteren Beschwerde führten über die Nichtbekömmlichkeit dieses Bieres.

Sogar die Delitzscher Ratsherren tranken scheinbar lieber fremdes Bier. So berichtet beispielsweise die Stadtchronik aus dem Jahre 1520, daß man im Ratskeller innerhalb eines Jahres 81 Faß Torgauisches und 6 Faß Freibergisches verzapft habe.

Die Landbewohner der innerhalb der Biermeile gelegenen Dörfer versuchten aber auch, sich gelegentlich an fremden Bieren schadlos zu halten. Die Folgen dieser Versuche waren jedoch höchst unangenehm. Die Stadtväter von Delitzsch und die Besitzer der Braurechte hingen den Gemeinden und Dorfschaften ganze Rattenschwänze von Prozessen an den Hals und darüber hinaus gab es noch Auseinandersetzungen recht handlicher Art, die bis zum Totschlag führten.

Eine dieser Auseinandersetzungen ging als der "Brinniser Bierkrieg" von 1629 in die Geschichte ein. Dazu findet sich in der Brinniser Kirchenchronik folgende Eintragung:

Den 26.Mai 1629 hat sich ein schrecklich und denkwürdig tragweitiges Ereignis begeben. Denn da fallen die Bürger von Delitzsch mit dreihundert bewaffneten Mannen heraus in dies Dorf, den Nachbarn ihr Pfingstbier so zu Eilenburg gekauft, wieder abzunehmen und mit sich zu führen. Worüber dann ein großer Tumult entstanden. Die Bürger haben auf die Bewohner mit Musketen geschossen und mit Spießen gestochen. Und nicht allein ihrer 21 verwundet, sondern ihrer drei gar totgeschossen. Dieses sind Hans Seidewitzen, Martin Leine und Gregor Klöbern, welche am 29. Mai 1629 mit christlicher Zeremonien und einer Leichenpredigt in voller Leichenversammlung von vielen Dörfern zur Erde bestattet.

Wie kam es zu dem folgenschwerem Ereignis?

Die  Brinniser hatten ihr Pfingstbier - entgegen der geltenden Vorschrift der Biermeile - in Eilenburg gekauft, statt in Delitzsch. Als davon die Delitscher erfuhren, schickten sie ihren Fronvoigt mit einigen Männern nach Brinnis, um das Eilenburger Bier der Brinniser Bauern zu beschlagnahmen. Doch dieser mußte nach einer handfesten Rauferei unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Diese Schmach konnten die Delitzscher Bürger natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Bald fand sich eine große Anzahl von Delitzschern zusammen, die gegen Brinnis ziehen wollten. Doch auch die Brinniser, denen die Bauern aus den Nachbardörfern Luckowehna und Hohenroda zu Hilfe geeilt waren, rüsteten sich zum Kampf. Und schon bald nachdem die Delitscher in Brinnis angelangt waren und vergeblich die Herausgabe des Eilenburger Bieres verlangt hatten, begann ein wildes Handgemenge. Die Bauern wehrten sich redlich gegen die Übermacht, doch als die Delitscher mit Musketen auf sie schossen und drei Bauern tot zusammenbrachen, gab der Dorfschulze das Bierversteck preis. Man holte das Bier aus der Kirche hinter dem Altar hervor und übergab es den Delitzschern, die es unter Siegesjubel nach Hause fuhren.

Nachspiel

Bierkrieg

Doch das schlimme Blutvergießen sollte ein Nachspiel haben. Der Junker von Luckowehna, der auch Erb- und Gerichtsherr über Brinnis war, brachte die Sache vor das Oberhofgericht in Leipzig. Vor allem weil die Delitzscher so formlos und über seinen Kopf hinweg in sein Erbgericht eingebrochen waren. Und so entschied das Gericht zwar, daß die Brinniser ihr Bier auch weiterhin in Delitzsch kaufen mußten, die Delitzscher jedoch mußten für den Überfall auf die Dorfschaft Brinnis, für die drei Todesopfer und für die Mißachtung des junkerlichen Erbgericht 200 Taler Buße zahlen, wofür sie sogar die Elberitzmühle verpfänden mußten.

Doch während die Delitzscher schon lange kein Bier mehr brauen, hat das Brinniser Pfingstbier die Zeiten überdauert. Nach wie vor fahren die Pfingstburschen am Pfingstsonntag mit ihrem geschmückten Wagen über die Dörfer, um ihre alten Mitstreiter zu besuchen, sie mit einer kleinen Birke und einem Ständchen zu erfreuen. Und als Zeichen der Verbundenheit spendieren diese eine Runde Pfingstbier.

Der Bierkrieg aber erlebt alle paar Jahre zu Kleinpfingsten (das Wochenende nach Pfingsten) während des Reit- und Springturniers des Reitvereins Luckowehna eine Neuauflage als pausenfüllendes Spektakel.